Gedichteseite
Wenn du die kleine Hand mir gibst
Die so viel Ungesagtes sagt
Hab` ich dich jemals dann gefragt
Ob du mich liebst?
Ich will ja nicht,dass du mich liebst
Will nur das ich dich nahe weiss
und dass du manchmal stumm und leis
Die Hand mir gibst.
von Hermann Hess
Was müssen das für selige Tage
sei,da wir auf ewig vereint
so ganz für einander leben,
was werd ich da an dir haben.
Du wirst mich aufheitern in
trüben Stunden.
Du wirst mir die Lasten,
die ich zu tragen habe,versüssen.
Du wirst mich mit der Welt
versöhnen,wann ich beleidigt bin.
Du wirst mir alles,alles sein.
Alle das Neigen
von Herzen zu Herzen,
ach,wie so eigen
schaffet das Schmerzen!
Wie soll ich fliehen?
Wälderwärts ziehen?
Alles vergebens!
Krone des Lebens,
Glück ohne Ruh,
Liebe , bist du!
von Goethe
Wir träumten von einander
und sind davon erwacht.
Wir leben, um zu lieben
und sinken zurück in die Nacht.
Du tratst aus meinen Träumen,
aus deinen trat ich hervor.
Wir sterben ,wenn sich Eines
im Anderen ganz verlor.
Auf einer Lilie zittern,
zwei Tropfen , rein und rund,
zerfliessen in Eins und rollen,
hinab in des Kelches Grund.
von Friedrich Hebbel
Wie liebten wir so treu in jenen Tagen.
Fest wie die Sonne stand das Herz uns da.
Getrennt wie hatten wir uns viel zu sagen,
und sagten stets nur eins:
Liebst du? Ja!
O Liebe, kannst du wie
im Traum der Nächte,vorüber gehn,
die du unendlich scheinst?
Mir ist,als ob er Fernher mein gedächte
und fragt:Liebst du mich ?
Sag ja wie einst!
von Ricarda Huch
Jetzt bist du da,
dann bist du dort.
Jetzt bist du nah,
dann bist du fort.
Kannst du es fassen?
und über eine Zeit gehen wir beide
die Ewikeit dahin -dorthin.
Und was blieb?
Komm, schliess die Augen
und hab mich lieb.
von Chr.Morgenstern
Ich will an deiner Seite still
über beschneite Wege gehn.
Tief in das unbekannte Weisse
und alle Spuren sollen
hinter uns verwehn.
Dir werden Flocken leicht
im Haare hangen in deinem Lächeln sich verfangen
in blauem Atem glitzern und zergehn.
Du bist so leise
als könntest du verstehn,
dass wir schon lange nur auf Flocken schreiten
und endlos fallend aus den Ewigkeiten.
Ins Grenzenlose sanft herniedergleiten.
von Ernst Penzoldt